Häufige Fragen - verständlich beantwortet

Der letzte Weg

Es gibt Momente im Leben,
da steht die Welt für einen Augenblick still.

Und wenn sie sich dann weiterdreht,
ist nichts mehr wie es war.

Wenn Tiere unheilbar krank sind, wenn sie leiden und keine Aussicht auf Besserung besteht, haben wir die Möglichkeit dieses Leiden zu beenden. Es ist zweifellos die schwierigste und emotionalste Frage auf dem - oft langen - gemeinsamen Weg. Die Entscheidung ist immer intim und absolut individuell.

Oft ist das Einschläfern daher ein Tabuthema - wir möchten gerne anregen, sich schon vorab mit diesem Thema zu beschäftigen. Viel zu oft trifft es einen völlig unerwartet und es ist gut, einige Fragen schon vorab geklärt zu haben.

Vor allem möchten wir Mut machen, das Tier auf seinem letzten Weg zu begleiten und - vor allem bis zum Eintritt der Narkose - nicht allein zu lassen.

Die Angst vor dem falschen Zeitpunkt ist groß und diese Frage ist sicher die häufigste - und zugleich die schwierigste - im Zusammenhang mit der Einschläferung von Tieren, denn sie ist niemals pauschal zu beantworten. Dennoch möchten wir gerne versuchen, Ihnen anhand unserer Erfahrung eine Hilfestellung an die Hand zu geben.

Sie kennen Ihr Tier am besten. Suchen Sie sich beurteilbare Eigenschaften, die Ihr Tier ausmachen. Stellen Sie sich die Fragen: Was macht mein Tier zu meinem Tier? Was macht es anders als andere Tiere? Was bedeutet für mein Tier Lebensqualität?

Diese Eigenschaften sind absolut individuell - "er frisst doch noch" oder "sie schnurrt doch noch" kann daher nie ein allgemeingültiges Gesetz sein. Einige Eigenschaften könnten sein:

  • mein Hund kommt IMMER angerannt, wenn ich nach Hause komme
  • meine Katze kommt IMMER in die Küche, wenn ich den Kühlschrank öffne
  • mein Hund ist IMMER aufgeregt, wenn es an der Türe klingelt
  • meine Katze liegt JEDEN Abend schnurrend mit mir auf dem Sofa
  • mein Kater liebt seinen Freigang und bringt mir JEDEN Tag Mäuse mit
  • meine Meerschweinchen quietschen IMMER, wenn eine Tüte raschelt
  • meine Kaninchen lieben ihren Auslauf und vollführen IMMER Luftsprünge
  • meine Mäuse lieben ihr Laufrad und sind JEDE Nacht stundenlang darin unterwegs
  • ein Hamster liebt sein Futter und legt IMMER sofort fleißig Vorräte an

Solche Eigenschaften können helfen, eine individuelle Entscheidung zu treffen. Ein sturköpfiger Terrier mit Rollstuhl kann ein super Leben führen und voller Lebensfreude seinen Lieblingsbeschäftigungen nachgehen, während sich ein sensibler Hund mit gelähmten Hinterbeinen vielleicht völlig aufgeben würde und jede Lebensqualität verloren hätte.

Bedenken Sie, dass Tiere nicht in die Zukunft planen. Sie wollen nicht "nächstes Jahr in den Urlaub fahren" oder "nochmal die Enkel sehen". Sie leben im Hier und Jetzt. Und sie leiden im Hier und Jetzt.

Sie wollen Frieden, Geborgenheit und Schmerzfreiheit. Fragen Sie sich daher ehrlich: "Worauf warten wir?". Auf Heilung - oder nur noch auf das Ende?

Entscheiden Sie gemeinsam mit Ihrem Tierarzt, ob im Falle einer Krankheit eine realistische Chance auf  längerfristige Besserung besteht und die Leidensphase somit absehbar ist, oder ob man nur Leiden in die Länge zieht. Setzen Sie sich selbst anhand der zuvor überlegten Merkmale Grenzen. Belastungsgrenzen. Körperlich und emotional. Bleiben Sie fair - Ihrem Tier und auch sich selbst gegenüber.

Bei einer chronisch fortschreitenden Erkrankung ohne Heilungsaussicht ist es völlig legitim ein Tier auch bei noch guter Lebensqualität geplant einzuschläfern, um ihm Leiden zu ersparen. Ebenso ist es gerechtfertigt eine palliative Schmerztherapie einzuleiten und abzuwarten, um dann bei den ersten relevanten Krankheitsanzeichen sofort zu reagieren. Tierschutzrelevant und daher NICHT vertretbar sind z.B. starke Schmerzen, Atemnot oder andauernde Übelkeit, wenn keine Aussicht auf baldige Besserung besteht.

Der grundsätzliche Ablauf ist immer gleich - und doch ist jede Einschläferung so individuell wie das Tier und seine Familie selbst. Ihr Liebling wird in Narkose gelegt und bekommt in tiefer Narkose ein überdosiertes Narkosemittel. Je nach Tier kann das ganz unterschiedlich gestaltet sein.

Hunde akzeptieren in der Regel stressfrei das Legen eines Venenzugangs. Hierüber kann die Narkose sehr schnell und schonend eingeleitet werden. Bei der Einleitung in die Vene verlieren die Tiere binnen einiger Sekunden das Bewusstsein. Erst wenn Ihr Tier tief schläft und wenn Sie soweit sind, wird das zweite Mittel in den Venenzugang injiziert.

Katzen, Frettchen, Kaninchen und Nagetiere, sowie sehr ängstliche Hunde, akzeptieren häufig keinen Venenzugang ohne Angst oder Stress zu empfinden. Diese Tiere bekommen eine Beruhigung in den Muskel oder unter die Haut, von der sie langsam einschlafen. Es dauert etwa fünf bis fünfzehn Minuten, bis das Tier vollständig das Bewusstsein verliert. In dieser Zeit können Sie mit Ihrem Liebling kuscheln und sich ganz in Ruhe verabschieden. Liegt das Tier in tiefer Narkose, bekommt es das zweite Medikament direkt in den Blutkreislauf injiziert.

Für die Narkoseeinleitung nutzen wir dieselbe Medikation wie für eine reguläre Narkose, in etwas höherer Dosierung. Diese umfasst eine Kombination zur vollständigen Angstlösung, Muskelentspannung, Schmerz- und Bewusstseinsausschaltung. Erst wenn das Tier in sehr tiefer Narkose liegt und ganz sicher nichts mehr mitbekommt, wird die letzte Spritze gesetzt.

Zur Einschläferung nutzen wir den Wirkstoff Pentobarbital (Euthadorm®). Ein sogenanntes Barbiturat, das auch in der Humanmedizin als Schlaf- und Narkosemittel verwendet wurde. Pentobarbital ist ein sehr sicheres Medikament zur Einschläferung, das zu einem sanften und schmerzfreien Tod führt. Es versetzt den Patienten schnell und sicher in einen sehr tiefen Schlaf. Erst nach vollständigem Bewusstseinsverlust kommt es zum Aussetzen der Atmung und des Herzschlages. Pentobarbital hat daher sogar die Zulassung als alleiniges Medikament zur Einschläferung, wir kombinieren es dennoch immer mit einer Narkose.

In der langsameren Einschlafphase kann es v.a. bei Katzen gelegentlich zu Übelkeit und Erbrechen kommen. Diese Phasen gehen schnell vorüber und werden vom Tier kaum noch bewusst wahrgenommen.

In sehr tiefer Narkose und bis nach dem Tod können noch unbewusste Reflexe auftreten, zum Beispiel Zucken der Pfoten, Atmungsbewegungen und "Seufzen", die vom Tier jedoch NICHT mehr gesteuert oder wahrgenommen werden.

Nach dem Tod kommt es zur vollständigen Entspannung aller Muskeln - darunter auch die Schließmuskeln, sodass sich Harn und Kot entleeren können. Auch Ausfluss aus Maul oder Nase ist möglich.

Die Augen bleiben bei Tieren in Narkose und nach dem Tod offen und können auch manuell meistens nicht verschlossen werden.

Etwa 30 Minuten nach dem Tod beginnt die Leichenstarre einzusetzen (beginnend an Kiefer und Pfoten, hin zu großen/körpernahen Gelenken), die etwa 2-3 Tage anhalten wird. Ohne Übung ist diese Starre gerade bei größeren Tieren kaum zu lösen, bedenken Sie das falls Sie Ihr Tier vor der Bestattung aufbahren möchten.

Was mit dem Körper Ihres Tieres geschehen soll bleibt Ihre freie Entscheidung, sofern keine seuchenschutzrelevanten Erkrankungen vorlagen. Ihnen stehen verschiedene Möglichkeiten offen:

Beerdigung.
Wer einen Garten sein Eigen nennt, darf Kleintiere darauf beerdigen, sofern das Gelände nicht in einem Wasserschutzgebiet liegt. Es muss ein Mindestabstand zu öffentlichen Wegen und Nachbargrundstücken eingehalten werden und der Körper muss mit einer mindestens 50cm hohen Erdschicht bedeckt werden. Achtung - auf öffentlichem Gelände/Wald/Wiese dürfen KEINE Tierkörper beerdigt werden!

Tierfriedhof.
In Bad Orb gibt es einen Tierfriedhof: www.tierfriedhof-badorb.de

Tierkrematorium.
Es besteht die Möglichkeit, das Tier kremieren zu lassen und eine Urkunde und/oder die Asche zurück zu bekommen, um sie z.B. in einer Urne zu verwahren oder am Lieblingsplatz des Tieres auszustreuen. Eine Abholung kann sowohl aus der Praxis als auch von ihnen zu Hause erfolgen. Hierfür arbeiten wir mit dem Tierkrematorium Rosengarten zusammen: www.kleintierkrematorium.de

Tierpathologie.
Manchmal kommt der Tod viel zu schnell, viel zu plötzlich, viel zu unerwartet und unerklärlich. War es Gift? War es etwas Ansteckendes? Habe ich etwas falsch gemacht? Muss ich um weitere Tiere Angst haben? In diesen Fällen kann ein Pathologe vielleicht noch Antworten auf quälende Fragen geben. Es bestehen im Fall der Fälle verschiedene Möglichkeiten - wir beraten Sie gern.

Wenn Sie keine besondere Bestattung wünschen oder dazu keine Möglichkeit haben, können Sie Ihr Tier auch bei uns belassen. Die Tierkörper werden gemeinsam mit anderen gekühlt gelagert und pietätvoll zur anonymen Kremierung abgegeben (NICHT in die "Tierkörperbeseitigung").

Selbstverständlich haben Sie mit einem akuten Notfall immer absoluten Vorrang in der Sprechstunde. Wir bitten Sie jedoch, sich immer telefonisch anzukündigen. Für eine vorhersehbare Einschläferung planen wir nicht nur einen freien Raum, sondern vor allem absolute Ruhe und sehr viel Zeit ein - wenn die Möglichkeit besteht, gerne außerhalb der regulären Sprechzeiten.

Wenn der Praxisablauf es erlaubt, versuchen wir immer gerne einen Hausbesuch zu ermöglichen. Die Einschläferung ist auch im heimischen Garten unter dem Lieblingsbaum oder im Arm der Familie durchführbar.

Beachten Sie speziell bei Katzen bitte, dass diese häufig sehr aufgebracht sind, wenn der Tierarzt plötzlich in ihrem eigenen Revier steht. Da Katzen sich zu Hause gut auskennen und genau wissen, wohin sie sich zurückziehen können (Bett, Schrank, Sofa...), kann ein Hausbesuch bei Katzen leider manchmal turbulent werden, sodass ein Besuch in der Praxis oft angenehmer gestaltet werden kann.

Bitte haben Sie Verständnis, dass Hausbesuche nicht jeden Tag zeitlich und organisatorisch möglich sind. Zum Beispiel während der Sprechstunde, einer Operation oder wenn Intensivpatienten auf Station betreut werden müssen, können wir unsere einzige Tierärztin nicht aus dem Haus schicken.